Montag, 17. März 2008

okkultes Chomula

Wie sind grad in der politisch heissen Zapatistengegend San Christobal de las Casas, in Chiapas.
Und haben heut schon in ner wahnsinnig okkulten Kirche von Chomula gestaunt, da traut sich kein Priester mehr hin, weil sie echt ihren eigenen Katholozismus-Mayaismus machen. Da werden Huehner gechlachtet um kranke Seelen zu heilen, hunderte Kerzen sind angezuendet, die ganze Kirche ist mit Weihrauch verneblt. Unglaublich!

Wir machten eine Tour und besuchten das ganze Dorf Chomula.

Zuerst kamen wir zu einem kleinen Haeuschen eines hoeheren Dorfmitgliedes. Jedes Jahr werden rund 4 Maenner des Dorfes gewaehlt, die dann den verschiednen Schutzheiligen fuer ein Jahr Unterkunft geben. Unser Gastgeber hostet die "Virgen de Guadalupe", das ganze Haus war mit Tannenzweigen ausgelegt und ein riesiger Altar aufgebaut, an dem die Frau des Gastgebers drei mal am Tag laut beten muss, ausserdem muss der Auserwahlte oft Festlichkeiten halten und dazu das ganze Dorf einladen.
In Chomula tragen alle Frauen und viele Maenner ihre traditionele Kleidung. Die Frauen seidenaehnlich bestickte Blusen mit schwarzen Wollroecken und breiten Guerteln und die Maenner je nach Amt schwarze oder weisse Wolltunikas.
Das Dorf funktioniert nach strengen Regeln, sehr viel ist vorgeben, zum Beispiel haben fremde Firmen kaum Chance sich anzusiedeln, auch Leute die nicht im Dorf geboren wurden koennen dort kaum leben. Wer die religiosen Braueche nicht bfolgt und zum Beispiel zum Protestantismus ubertritt wird aus der Gemeinschaft geschmissen und muss das Dorf verlassen.
In den 70er Jahren hat der letzte Pfarrer versucht die Bewohner zum "ernsthaften" Katholozismus umzuerziehen, mit dem Ergebnis, dass er von der Dorfgemeinschaft umgebracht wurde.
Nun getrauen sich nur noch sporadisch Pfarrer ins Dorf, nur noch um die Kinder zu taufen. Heiratszeromonien werden mit den eigenen "Dorfreligioesen" in den Hauesern abgehalten.Wenn man keine Kinder zusammen hat, gilt die Heirat sowieso nicht wirklich. Manchmal versuchen Pfarrer noch Gottesdienste durchzufuehren, aber es hoert einfach keiner zu.
Echt, das ist unglaublich, du kommst in die Kirche rein und es gibt ein Gewusel wie auf einem Jahrmarkt. Am Eingang stehen die Maenner, die von den Dorfreligioesen Zeichen bekommen um die Fireworks loszulassen, jetzt gerade fuer Ostern. Rechts hatte sich eine Gruppe von Maennern auf dem Boden niedergelassen und sie beredeten lauthals irgendwas, sie sprechen alle Tzotzil, eine der Mayasprachen.
Danach sah man ganz viele am Boden knieende Menschen, die bis zu 50 kleine Kerzen auf dem Steinboden anmachten und laut wiegend beteten.Das Krasse war, das Coca Cola Teil ihrer Zeremonie ist. Kein Scheiss. Ganz viele hatten Coca Cola Flaschen neben sich stehen. Nach altem Brauch, soll nach dem Beten etwas getrunken werden und dann geroepst um den boesen Geist frei zu lassen. Frueher hat man dafuer Posch genommen, ein Alkoholhaltiges Getraenk, da sich aber mit Cola viel besser roepsen laesst, wurde Posch in den letzten 15 Jahren durch Coke ersetzt. Und ist auch bei vielen andren, zum Beispiel Opferzeremonien dabei. Als wir ins Dorf reinliefen, haben wir schon die grossen Cola Trucks gesehen. In ganz Mexiko wird viel Cola getrunken. Es scheint je aermer die Leute sind, desto hoher ist der Cokeverbrauch.
An beiden Seiten der Kirche waren ausserdem unzaehlige Heilige aufgebaut, dann das Grueppchen mit dem Huhn, eine Heilerin, die wahrend der Prozession das Huhn toetet und ueber die Seelenkranke streicht, die mit ihrer Mutter da war.
Krasse Tasse!
Muss man gesehen haben!
Leider ist der Herb schon seit Tagen krank und liegt mit Fieber im Bett...
Deshalb bleiben wir wohl noch ne Weile.

1 Kommentar:

Simon hat gesagt…

Hallo Schwester & frohe Ostern für dich und deine Reisebegleiter!

Deine Schilderungen hören sich echt obskur und wie aus einer ganz anderen Welt an. Schon schwer vorstellbar, die sich so Okkultes dort vor den eigenen Augen abspielt, auch wenn man davon immer mal wieder in irgendwelchen (Fach)büchern gelesen, oder vielleicht auch während einer Vorlesung davon gehört hat...

Mein "Ostern" war weniger schockierend: Am Karfreitag war ich in fünf verschiedenen Kirchen und die waren durchweg katholisch :P Na ja, Frankreich ist eben fest in katholischer Hand und da machen Sacre-Coeur, Nôtre-Dame und co eben auch keine Ausnahmen.

Punktabzug bekam Paris lediglich für's schlechte Wetter, denn ca. 5 ° C, viel Wind, Regen, Hagel und dafür umso weniger Sonne, trüben das Urlaubserlebnis dann doch etwas.

Na ja, da muss man eben nochmal wiederkommen um die Stadt von einer noch schöneren Seite zu sehen. Auf der Rückfahrt ging dann noch, mitten auf der Autobahn, unser Bus kaputt und wir mussten drei Stunden an Ort und Stelle auf Abschleppdienst und einen Ersatzbus warten. Im Endeffekt dauert die Rückreise damit fast einen gesamten Tag :(

Na denn, gute Besserung für deinen Besten und bis bald!

- Simon